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Ein Arzt gründet die Sparkasse

Auch Leute ohne Vermögen hätten gern einmal einen ersparten Batzen zinstragend angelegt, um in der Not darauf zurückzugreifen. Aber es gab in unserem Bezirk keine Bank, die das ermöglicht hätte.


Das Gebäude der Sparkasse im Jubiläumsjahr 100 Jahre 1973. Es wurde seither durch ein Attikageschoss aufgestockt.


In den wirtschaftlich unsicheren Zeiten der 1870er Jahre ergriff der Arzt Dr. Jost Huber, der an der Grepperstrasse praktizierte, die Initiative. Er tat sich mit elf andern wackern Männern zusammen, unter ihnen Franz Holzgang von der Distillerie im Unterdorf, Major Josef Räber, Vater des späteren Ständerates, und Gottfried Siegwart von der Glashütte.


Der Gründungsbeschluss fiel am 18. August 1873, das Ziel war klar: Den Kleinsparern eine Anlagemöglichkeit eröffnen, den Handwerkern und Bauern die Aussicht geben, einen kleinen Kredit für eine besondere Investition aufnehmen zu können.


Das war bisher schwierig gewesen: Man musste sich an reiche Privatpersonen oder an ausserkantonale Banken wenden. Eine Kantonalbank gab es in Schwyz noch nicht, nur einzelne Sparkassen: In Schwyz seit 1812, in Einsiedeln seit 1826, in der March 1841, in Gersau 1846 und seit 1862 in Arth. Alle diese Kassen arbeiteten lokal sehr beschränkt, und in Küssnacht war man doppelt spät dran.


Der Kanton Schwyz gehörte schweizweit zu den letzten Kantonen, die ihren Einwohnern genügend Banken zur Verfügung stellten. Der Gründung der Kantonalbank wurde 1879 vom Schwyzer Volk zugestimmt, eröffnet wurde sie aber erst 1890.


In der Volksabstimmung hatten alle Gemeinden, in denen 1879 bereits eine Sparkasse existierte, mehrheitlich gegen die Kantonalbank gestimmt, auch Küssnacht. Man hatte Angst, die Kantonalbank könnte einerseits zur Konkurrenz werden und anderseits dem Kanton Defizite bescheren.


Bescheidene Anfänge

Die Sparkasse Küssnacht begann mit einem einbezahlten Aktienkapital von 18‘000 Franken. Am Ende des ersten vollen Geschäftsjahres 1874 waren 1294 Franken Reserven vorhanden und der Gewinn betrug etwas mehr als 2000 Franken. Die Bilanzsumme betrug immerhin schon 113‘000 Franken.


Die notwendigen Kenntnisse im Bankfach fehlten 1873 noch. Verwalter Peter Ulrich wurde beauftragt, bei der Sparkasse Stans einen Kurs zu machen, um die notwendigen Kenntnisse in der Buchführung zu erhalten.


Ein eigenes Bankgebäude gab es natürlich noch nicht. Die „Kassastelle“ befand sich jeweils am Wohnsitz des Verwalters, Jahrzehnte bei der Familie Räber: 1876 bis 1892 war Major Josef Räber Verwalter, dann bis 1920 sein Sohn Ständerat Dr. Josef Räber. Dieser war allerdings als Regierungsrat und in weiteren Ämtern oft abwesend, so dass die Geschäfte Frau Marie Räber-von Reding, die Witwe des Majors, besorgte.


Aufschwung und Blüte

Die Küssnachter wussten das Angebot der eigenen Sparkasse zu schätzen: Anfang der 1880er Jahre benützten es bereits rund 350 Einleger, 1918 schon fast 900. Die Kundschaft setzte sich im Wesentlichen aus zwei Gruppen zusammen: Aus einer hablichen Bauernschaft und aufstrebenden Handwerkern auf der einen Seite und einer ärmeren, aber nicht weniger sparsamen Arbeiterschaft.


Zwar spürte die Sparkasse die wirtschaftlichen Einbrüche auch, etwa im Ersten Weltkrieg, in der Krise der Dreissigerjahre und im Zweiten Weltkrieg. Die Bilanzsumme entwickelte sich aber gut, schon 1920 betrug sie über eine Million Franken, ab 1948 fünf Millionen. Das Aktienkapital wurde in mehreren Schritten erhöht, ab 1973 betrug es eine Million Franken.


Auch das Personal blieb der Bank lange Jahre treu: In den ersten 100 Jahren gab es nur fünf Präsidenten des Verwaltungsrates und fünf Verwalter. 1969 konnte ein eigenes Gebäude mit modernen Einrichtungen an der Bahnhofstrasse bezogen werden.


Der Untergang

Die Überraschung war gross, als im Sommer 1990 bekannt wurde, dass die Sparkasse Küssnacht schwer gefährdet sei. Noch im Juni hatte die Zeitschrift «Bilanz» die Lokalbank als sechstsicherste Sparkasse der Schweiz bezeichnet. Und nun die Schlagzeilen: «Polster von 117 Jahren in einem Monat zerstört» (NZZ), «Zürcher Börsenmafia ruiniert Bank» (die Wirtschaftszeitung Cash).


Ende 1989 hatte der Verwaltungsrat auf 325'000 Franken Jahresgewinn hinweisen können, eine Dividende von 12 % konnte bezahlt werden, die Bilanzsumme betrug fast 125 Mio. Franken, und ein Beobachter rechnete vor, gemäss Bankengesetz wären rund 5,5 Mio. Franken Reserven nötig gewesen, sie betrugen aber inklusive stille Reserven mehr als 12 Mio. Franken.


Leider hatte sich ein Angestellter erlaubt, mit Zürcher Börsenhändlern unerlaubte, spekulative Geschäfte zu tätigen und so in kürzester Zeit einen Rückstellungsbedarf von über 12 Mio. Franken verursacht.


Die schlimme Geschichte endete aber für die Küssnachter gut: Weil sowohl die zwei Grossbanken Schweizerische Volksbank und Schweizerischer Bankverein planten, in Küssnacht Geschäftsstellen zu eröffnen, war der Bankverein bereit, ein lukratives Angebot zu machen. Er übernahm die Sparkasse und schützte so Aktionäre, Kunden und Personal vor einem ganz ungewissen Ausgang.


Allerdings machte auch der Bankverein ein gutes Geschäft: Eine eigene, neu gegründete Filiale hätte nach damaligen Erfahrungen erst nach fünf Jahren einen Gewinn abgeworfen. Im Oktober 1990 wurde die Filiale des Bankvereins eröffnet.


CS Anfang Jahr geschlossen

Der Schweizerische Bankverein fusionierte aber im Juni 1998 mit der Schweizerischen Bankgesellschaft zur UBS; seither ist diese Bank im Gebäude der ehemaligen Sparkasse tätig. Im Unterdorf gibt es seit 2009 wieder eine Sparkasse, nämlich die Küssnachter Niederlassung der Sparkasse Schwyz. Die Küssnachter Filiale der Credit Suisse wurde bereits Ende Februar 2023 geschlossen, weit bevor die Grossbank von der UBS übernommen wurde.

Die Geschichte der UBS ist schon längst das Resultat eines unglaublichen Zusammenschlusses: Über 370 Banken und Sparkassen, die seit 1747 gegründet wurden, sind in der heutigen UBS vereint.



Für den Historischen Verein Küssnacht: Bruno Thurnherr



Quellen:

Geschäftsberichte der Sparkasse Küssnacht, besonders Jubiläumsschrift 1973 und Bericht 1989.

Freier Schweizer 1973 und 1990, NZZ 22.6.1990, Cash 20.7.1990

Notizen von Franz Wyrsch in seinem Nachlass im Bezirksarchiv Küssnacht.

Josef Reichlin: Die Entwicklung des Sparkassawesens im Kanton Schwyz (1927, https://www.sgvs.ch/papers/sjesBackIssues/1927_PDF/1927-I-20.pdf)

Geschichte des Kantons Schwyz (2012)

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